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Winter 2

nach Winter1

  Bratäpfel mit Zimt und Rosinen sind etwas Feines!

 

Verschneiter Park

Ein winterweißes Schweigen
liegt über Strauch und Baum.
Zwischen den kahlen Zweigen
wispert es wie im Traum.

Hoch dort im Baum die Krähen
plustern ihr Federkleid.
Von Nord die Winde wehen,
der Sommer ist noch weit.

Text: Gertrud Everding
Foto: Elfi Bock/Literadies

 


Kalendergedichte für Ingrid (1986)

von Edgar Brinkmann

Dezember

Just diese Tage am dunkelsten sind,
(noch nachts zur Schule gehen muss das Kind),
drum reim ich hier noch einmal Zeil' auf Zeile,
dass man in der finsteren Zeit verweile
bei diesem oder jenem besseren Gedicht,
leuchtend und irritierend wie das Kerzenlicht.
Zwar zieren helle Tannenbäume
beinahe alle Bürgerzäune,
doch was besagt das schon? -
wer ist berührt davon?
Will sagen, dass es ja viel heller ist,
wenn ich, kaum dass du aufgestanden bist,
durch die noch geschloss'ne Tür
schon deine Singgelüste hör'.

 

 

für Ingrid

 

 

 

 

Januarfür Ingrid

Blau hebt der Januarmorgen an,
und den Schwefelschwaden
schwimmen
Bierbankschwüre nach.
Wir beginnen wieder eine Reise;
wie mich dein ruhiges
Aus- dem- Fenster-Schauen
freut.
Auch der Schnee ist
von gestern;
neuen soll es geben;
doch auch der,
eh' der Monat zu Ende geht,
wird dreieinhalbmal umgedreht.

Edgar Brinkmann

 

für Ingrid

Februar

Schwarzer Schnee knirscht nicht,
ich erinnere mich an
klare frostige Morgen,
die ich mit bloßen Händen
greifen konnt'.
Ich sehe Vögel
nicht vom Himmel fallen,
sondern
das Gestöber mit dem Kopf durchstoßen.
Denk daran,
als deine Ma und meine
mit dem Kopf ihrer Mütter Schoß durchstießen
und denselben am gleichen Tag verließen.

Edgar Brinkmann


 

Das etwas andere Horoskop
Betrachtungen zum Jahresbeginn von Charlotte Brozzo


Immer zur Jahreswende lese ich in jeder Zeitung, die mir in die Hand kommt, in jeder Zeitschrift, ja in jedem Käseblättchen mein Horoskop, ebenso wie das für das Land, die Welt und die ganze Menschheit.
Im Fernsehen verkünden uns(oder versuchen es wenigstens) ernsthaft aussehende Damen und Herren, aus Skat- oder Tarotkarten, mit dem Pendel oder aus Papieren, die mit hieroglyphenartigen Zeichen bedeckt sind, ihre Vorhersagen darüber, was uns das nächste Jahr bringen wird.

Ich lese, sehe und höre all dieses mit großem Vergnügen, auch wenn ich es fast sofort wieder vergesse. Ich denke dann immer: Das kann ich auch! Sie können es mir glauben.
Ich kann das beweisen. Soll ich? Nun gut:

Auch im Jahr 2004 (und in allen nachfolgenden Jahren) werden auf der ganzen Welt etliche prominente Persönlichkeiten sterben; Künstler, Wissenschaftler, Politiker, Sportler, einige werden vielleicht ermordet, andere tödlich verunglücken. Von den vielen Nicht-Prominenten, die auch sterben werden, einmal ganz abgesehen.
Es wird Naturkatastrophen geben: Erdbeben, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen, Orkane und ähnliche. Wir werden Flugzeugabstürze, Eisenbahnunglücke, spektakuläre Autounfälle, Morde und ganze Mordserien zu beklagen haben.
Leider wird es auch, wie im vergangenen Jahr, zu Terrorismus im weitesten Sinne, Revolutionen, Aufständen, Bürgerkriegen und ähnlichen kriegerischen Auseinandersetzungen kommen.
Aber wir werden auch Positives erleben: Die Hochzeit des Jahres, die Scheidung des Jahres, (kann auch positiv sein), rührende Liebesgeschichten, Glück im Unglück. Vielleicht geht auch bei günstiger Konstellation der eine oder andere Krieg zu Ende und irgendwo zieht Friede ein. Wir werden schwitzen und frieren und auf das Wetter schimpfen.
Und wie steht es mit jedem von uns?
Da habe ich leider keine Voraussage, aber wenn wir das Jahr ohne persönliche Katastrophen, ohne wesentliche Verluste und bei halbwegs guter Gesundheit überstehen, sollten wir dankbar und zufrieden sein, denn dann ist es ein gutes Jahr gewesen.

Foto: delater/pixelio

 

Ein seltsamer Wunsch

Glosse von H.-W. Ecker


"Alle Jahre wieder". Nein, das ist inzwischen ja schon Vergangenheit, aktuell hingegen: die Welt gerät in diesen Tagen ins Rutschen. Wohin sie rutscht, bleibt ungewiss, wie das so beim Rutschen üblich ist; aber sie rutscht allerorten. Wo man hinkommt und hinhört, wünschen die Leute
einander einen 'Guten Rutsch!'
Kaum ein Kunde in den Geschäften bleibt davon verschont.
Selbstverständlich wünscht niemand dem anderen ernstlich, dass er ausrutscht. So etwas tut man einfach nicht, man ist doch schließlich ein Mensch, und das Fest der Nächstenliebe ist gerade ´mal eine knappe Woche vergangen. Nein - man wünscht in diesen Tagen, bis das neue Jahr ausgebrochen ist, einfach einen 'Guten Rutsch!' Und das ist schon eine merkwürdige Kombination zweier fast widersinniger Begriffe.
Ein solcher, zumal guter, Rutsch soll ja nicht auf dem Allerwertesten, geschweige denn mit einer peinlichen Knochenfraktur enden, was bei üblichem Rutschen durchaus möglich ist. Nein, so gedankenlos, gar ironisch und gemein sind die Menschen dann doch nicht.
Vielleicht ahnen sie ja etwas davon, dass Glätte als Voraussetzung für das Rutschen nicht die jahreszeitlich nahe liegende Schnee- und Eisglätte oder die eines frisch gebohnerten Parkettbodens meint, sondern die, bei der etwas reibungslos, also schlicht glatt oder gut geht. Das mag also den guten Rutsch erklären. Der Rutsch selber aber bleibt als Merkwürdigkeit. Nur, so merkwürdig ist der allerdings auch nicht. Versteckt sich dahinter doch nichts anderes als das jiddisch-hebräische Wort Rosch aus Rosch ha-schanah, d.h. Anfang (des Jahres, Neujahrsfest). Und aus diesem Rosch hat der kollektive Unverstand schließlich den Rutsch gemacht.

Nun, der seltsame 'Gute Rutsch!' wird auch künftig zum Jahreswechsel epidemisch grassieren, mir aber - so hoffe ich - werden Sie es nicht verübeln, wenn ich mir solche sprachlichen Ausrutscher nicht erlaube und Ihnen in freundlicher Eindeutigkeit ein gutes und gesundes neues Jahr wünsche.

     

Fridolin, der Luxus-Engel

Eine Weihnachtsgeschichte von Claus Günther

 

"Friiidoliiin!" rief eine himmlische Stimme. "Friiidoliiin zum Chef, bitte!"
Huiii! Der jugendliche Engel Fridolin, seit 983 Jahren im Himmel, flog dahin wie der Wind.
.. "Halleluja, junger Freund", begrüßte ihn der Erzengel Michael.
"Lass dich anschauen. 0 ja. Deine Flügel sind jetzt fast ausgewachsen", stellte er fest. "Sie sind zwar noch ein wenig lose, aber ich denke, wir können es wagen, dich zur Erde hinunter zu schicken, was meinst du?"
"Na- na- na- natürlich", nickte Fridolin, beglückt und bedeppert zugleich. "Aber w -w -w -wir haben doch bald Weihnachten -?"
". . . Man ist ein wenig naseweis, wie?" fragte Michael ungehalten. "Gerade zu dieser Zeit sollst du ja runter. Aber nun tu nicht so, als ob du den Grund wüsstest! Schließlich bist du ein Engel im ersten Lehrjahr, ein Azubi, wie man auf Erden sagt, wenngleich ein himmlischer. Nun, deine Aufgabe ist nicht leicht: Es geht darum, einem Menschen eine Freude zu machen."
"Einem nur?" dachte Fridolin. "Nur einem? Einem einzigen? Welch ein Luxus!"
" - und das ist alles andere als einfach," fuhr der Erzengel fort. "Im Gegenteil. Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer! Vor allem jetzt", seufzte er, "in der Vorweihnachtszeit..." Fridolin nickte ernst, es schien beinahe, als habe er begriffen.

Er beugte das Haupt, bekam von Michael den himmlischen Segen und - "Haaalt!" - noch einige Ermahnungen, aber da war er bereits auf und davon, hatte einfach die Flügel ausgebreitet und war, schwuppdiwupp!, irgendwo auf der Erde gelandet.
Genauer gesagt: Er kam an einem Sonntagabend in Hamburg herunter, vor einer Villa an der Elbchaussee, aber das konnte er ja nicht wissen. "Ich habe es geschafft!" dachte Fridolin, der gelernt hatte zu visualisieren, eine Aufgabe, die er sich vorgenommen hatte, sei bereits erfolgreich bewältigt.
"Ich habe einen Menschen glücklich gemacht!" posaunte er ins Dunkel hinaus.
. . . "Was ist denn das für ein Krach da draußen?" hörte er eine barsche Stimme über sich. Das Fenster im Hochparterre wurde zugeknallt, doch Fridolin war knapp hindurchgeschlüpft und befand sich nun in einem riesigen Wohnzimmer, ausgestattet mit dem edelsten Mobiliar, das man sich vorstellen kann. Allein die Teppiche! Die Seidenkissen! Gemälde! Gobelins! Kronleuchter! Orchideen! Sogar ein Swimmingpool nahe dem Kamin, mit einer Frau darin!
An einem Tisch aus Alabaster aber saß ein dicker, griesgrämig dreinblickender Herr, kaute an seinem goldenen Füllhalter und fluchte. "Meine Aktien! Alle im Keller! Ich bin ruiniert!"

"Den will ich erfreuen!", dachte Fridolin, denn der Mann tat ihm Leid. Als Engel-Azubi kannte er zwar keine Aktien, doch als er die blonde junge Frau im Swimmingpool ansah, hatte er eine Eingebung. Fridolin bündelte all seine Energie, fokussierte sie und - zack: "Nu mach bloß keinen auf arm", sagte die Blonde plötzlich zu dem Mann. "Du hast doch noch das Überseepaket und deine Beteiligung an dem Weltraumprogramm !"
Wie elektrisiert sprang der Dicke auf. "Waaas? Mensch, Mausi, du hast ja Recht! Wie konnte ich das vergessen! Dafür " ,er watschelte eilig auf sie zu, "kriegst du einen Kuss!"
"Siehste", dachte Fridolin, "siehste, wie er sich freut? So einfach ist das. Jetzt habe ich sogar zwei Menschen glücklich gemacht! Ich bin ein Luxus-Engel!"
Doch die Blonde fauchte zurück: "Einen Kuss? Den kannste dir an den Hut stecken, Alter! Kauf mir das Diadem, das wir bei Wempe gesehen haben. Was sagst du? Irrsinnig teuer? Na und? Du hast es mir versprochen, Dicker! Schriftlich! Das Schreiben hat mein Anwalt!"
Da griff sich der rundliche Mann ans Herz, wankte zum Fenster und riss es weit auf.

Fridolin aber flog traurig hinaus. Luxus-Engel? - Von wegen. Er hätte natürlich den Mann im Lotto gewinnen lassen können, eine Eingebung hätte genügt - dann wäre der noch reicher geworden. Aber würde der sich richtig gefreut haben? Nein. Oder die Frau? Auch nicht.
Ziellos durch den Abend schwirrend, gewahrte Fridolin Wasser unter sich, überflog eine Brücke, erblickte eine Vielzahl von Lichtern, hörte Musik, hörte Menschen lachen, und ein unwiderstehlicher, geradezu himmlischer Duft betörte seine Sinne. Jegliche Vorsicht außer Acht lassend, flatterte er hinab und landete vor dem Rathaus, mitten zwischen den Buden des Weihnachtsmarktes.
Wie magisch angezogen, nippte er an einem Glas Glühwein, hüpfte weiter zur nächsten Bude, nahm dort, mutiger geworden, einen kräftigen Schluck Eierpunsch, danach Glühwein mit Amaretto, dann mit Rum. Der reinste Luxus! Fridolin - war selig.
Freilich wunderten sich manche Leute. "Du hast ja einen kräftigen Zug heute, Lisa!" "Ich? Wieso denn, Kurt?" "Dein Glas ist schon wieder leer!" "Kann ja nicht angehn. Warst du das?"
Fridolin war natürlich im Vorteil, denn Engel sind bekanntlich unsichtbar - meistens. Was er aber nicht wusste, war zweierlei: Erstens vertragen Engel keinen Alkohol, und zweitens:
"Seht mal den Nackedei! "
"Wie niedlich, mit Flügeln. Der is betrunken!"
"Hilfe, Polizei!"

Fridolin machte die Flatter, erhob sich schwerfällig in die Lüfte, wobei er fast einen Flügel einbüßte, torkelte über Hamburg hinweg, dann im Sturzflug, rasend schnell, zischte knapp an einer Starkstromleitung vorbei, wäre fast, vom Flutlicht geblendet, im Tor des HSV gelandet, und platschte schließlich, irgendwo in Eimsbüttel, in einen Vorgarten, wo er erschöpft liegen blieb, seine Blöße notdürftig mit den Flügeln bedeckend, die er einfach abgeschraubt hatte.
So fand ihn, ein paar Stunden später aus der Disco heimkehrend, die 20-jährige Sabine.
"Ach, mein Engel," sprach sie ihn mitfühlend an, nachdem sie ihn geweckt hatte. "Du bist ja völlig unterkühlt in deinem Luxusbett!
Wo kommst du überhaupt her?"
"V - v - v - von da oben", erwiderte Fridolin fröstelnd und erhob sich schwankend.
"Na so was", sagte das Mädchen. "Du kannst mitkommen, wenn du willst. Ich wohne nicht weit weg. Komm, ich trage deine Flügel."

Und da Fridolin nickte, gingen sie nebeneinander durch stille Straßen. Unter dem Licht einer Laterne hielten sie inne und nannten einander ihre Namen. Sabine aber blickte Fridolin von oben bis unten an und meinte lächelnd: "Du machst mir vielleicht Spaß..."

Tja, da kam natürlich Freude auf, denn nun hatte Fridolin seine Aufgabe gelöst.
Jedenfalls nach irdischen Maßstäben. Dass er vielleicht gar kein Engel ist - wen kümmert das? Der himmlische Altersunterschied wäre ohnehin zu groß gewesen,
viel zu groß...

Wintertraum


Blank vom Eise glänzt der See
Park und Wege weiß vom Schnee.
Mit dem Schlitten geht's hinaus.
Drinnen halt ich's gar nicht aus.

Hui! Den Rodelberg hinab,
Und dann wieder rauf im Trab!
Rodeln bis die Sonne scheidet
Und der Mond die Sterne weidet.

 

 

Mit dem Schlitten flieg im Traum
Weit ich durch den Weltenraum,
Wo ein Schneeman voller List
Auf dem Mond gelandet ist.

"Aufstehn!" ruft mich Mutter an.
Heut geht's auf die Rodelbahn.

Foto und Text: Gertrud Everding

 
Adventsgedanken

Die Sonne schwindet hinter rosa Wolkenbänken.
Man sagt, die Engel backen Brot.
An Weihnachten mag ich nicht denken,
Zu groß ist überall die Not.

Kindheit ist Traum und wir erwachen,
Suchen die Wahrheit, nichts ist wie es scheint.
Friede auf Erden? Uns verging das Lachen.
Auf uns'rer Welt wird viel zu viel geweint.

Trotz allem ist Advent in meinem Leben.
Erhellt die Hoffnung mein Gesicht.
Ich will der Liebe alle Chancen geben,
Liebe ist stark, ich schau ins Kerzenlicht.

Foto und Text: Gertrud Everding©

 
   

Foto: Gertrud Everding/Literadies


 
Novemberschnee

Es haben Frauenhände viel Blumen still gepflegt
bis Nebelmond zur grauen Zeit -
bewahrten den Sommer in sorglichem Tun.
Zu Mittag - war da nicht gar Bienengesumm?
Es ist doch lange schon Herbst.

Nun hat in letzter Nacht der Winter
sein totbleiches Gesicht gezeigt -
mit Schneeflocken - leicht wie ein Hauch -
kam er daher, schüttelte die grauen Locken,
voll Übermut -

Sprach leise lachend: Heeei, hier bin ich!
Dies ist der rechte Platz für mich!
Alles ist mein - das Gold des Laubes -
die leuchtenden Blüten - wer hindert mich?
Ich bin der Herr!

Mein Herz, verlier nicht den Mut - er kommt wieder, der Lenz.
Er kam ja immer - mit Blumen und Vögeln
- immer -

8.11. 2016
Foto und Text: Gertrud Everding

     
Winter

Vorbei ist's, im Hemd am PC zu sitzen,
mal eben barfuß zum Klo zu flitzen.
Die Heizung hat doch ihren Namen,
weil es uns heiß ward, wenn wir kamen
von draußen, aus Frost und Eiseskälte,
wo unser Hund im Schnee laut bellte,
weil es ihn fror an Bauch und Pfoten.
Heißer Tee ist jetzt geboten!
Genießt mit mir den Bullerofen.
wie früher oft im Saal das Schwofen,
bei Festesschmaus mit Kohl und Speck.
Dann ist, eh man sich's recht versieht
und eh man eine Schnute zieht,
der Winter wieder weg.

Gertrud Everding

   
   


Eisblumen

Es ist schon ein besond'rer Flor.
Weiss, transparent, apart,
kommt er ausschließlich dann nur vor,
wenns friert, nach Wiener Art.


Doch heize hauchend ich ihm ein,
zerstörerisch und roh,
dann wird aus Fensters Blümelein
ganz simples H²O.

Robert Mahler

 

 

 


Winter 1

 


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