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Winter

nach Winter 2

 

Dezember

Stille senkt sich übers Land,
Flocken fallen leise,
und des Flusses dunkles Band
träumt schon unterm Eise.

Frost schlägt seinen Todesbann,
nahm die Vogellieder.
Feierlich aus grünem Tann
naht die Weihnacht wieder.

Sterne strahlen kalt und klar,
können Trost nicht geben.
Wie soll ich bis Februar
ohne Blumen leben?

Gertrud Everding


 

 

 


Winter in Schweden
Gemälde von Elfi Bock/Literadies
(27 x 32cm) ©

     


Der etwas andere Weihnachtsbaum


Erzählung von Brunhild Kollars



Der mit Wolken verhangene Himmel verhieß viel Schnee. Kein Sonnenstrahl kam durch, es wurde nicht hell an diesem vierten Adventssonntag.
Wir stapften bergauf und bergab auf unebenen verschneiten Waldwegen, rutschten in Vertiefungen, in Spalten und abschüssige Grabenränder. Meine beste Freundin und ich bewältigten leicht die Anstrengungen, wir waren jung und stark, lachten wenn wir fielen. Unsere Münder standen nicht still. Heute weiß ich nicht mehr, über was wir dauernd redeten.

Ich hatte mir das Aussuchen eines Weihnachtsbaumes leichter vorgestellt, als uns beim Fortgehen lnges Vater, der Förster, " gute Wahl " wünschte und uns schmunzelnd die Säge übergab. Meine Entscheidung für ein Tannenbäumchen mußte endlich fallen, so viele hatten wir schon begutachtet, Bald würde die Dunkelheit jede Sicht nehmen.

Plötzlich sah ich sie! Meine Wunschtannel - Klein, rund und voll, dicht übereinanderliegende Zweige, in sattem Grün die Nadeln, mit einem Wort: knuddelig ..! Tannenbäumchen
Es war nicht schwer, sie abzusägen und gemeinsam trugen wir sie heimwärts. Als der mühselige Weg aus dem Wald geschafft war, liefen wir auf der befestigten Straße zum Forsthaus, bis wir zum Anfang des Dorfes gelangten.


Bald saßen wir in der warmen Stube mit Inges Mutter, die immer Wohlgefühl, Gemütlichkeit und Frohsinn um sich her verbreitete. Heißer Tee, von Inges Vater mit einem Schuss Rum verstärkt, taute uns auf.
Die Weihnachtsplätzchen schmeckten vorzüglich, vier Adventskerzen schimmerten in sanftem Licht, eine unvergeßliche Stunde meines Lebens.

Hier muss ich eine Weile innehalten mit dem Schreiben, denn mächtig überwältigt mich die Erinnerung an Inge, die schon vor vierzig Jahren sterben mußte.

Mein Zuhause im vier Kilometer entferntem Nachbarort Niederdorla mußte ich noch in dunkler Nacht erreichen. Im dritten Kriegswinter brannte nicht eine Straßenlaterne. Auf unserem Hof, im Schuppen hinter einem Brennholzstapel, versteckte ich meinen kostbaren Schatz.

Bisher, so lange ich denken konnte, glänzte nach der Mette bei der Bescherung daheim ein wunderschöner Christbaum. Ich weigerte mich bis zum Vorjahr, ihn vor der Feier zu sehen. Irgendwie fürchtete ich mich unbewußt, die behütete Kindheit zu verlieren.
Doch diesmal wollte ich die Eltern überraschen. Ich hatte sie gebeten, mir dieses Jahr die Sorge für den Baum zu überlassen.
Kam das Erwachsenwerden für die Schülerin der zehnten Klasse?

Am Tag vor Heiligabend holte ich Baum und Schmuck in die große Stube, schloß von innen ab. Schnell wurde mir klar, Kugeln und Behang würden unmöglich zwischen den dichten Zweigen Platz finden. Ich beschloß, nur die zwei unverzichtbaren silbernen Vögelchen und die Glocke aufzuhängen. Die Kerzen zu befestigen war sehr mühsam.

Als ich nun die Tanne betrachtete, fand ich sie in ihrer Natürlichkeit viel schöner, als mit Glitzer und Gefunkel, hoffte, dass auch die Familie mir zustimmen würde. Es war in mir die Zeit, in der ich sowieso die ganze Welt verändern wollte.

Nach der Christmette bei der Bescherung schimmerten die Kerzen im satten Grün des schlichten Bäumchens. Die Eltern akzeptierten mit einem weinenden und einem lachenden Auge meine Ansicht über natürliche Schönheit. Mein Blick auf die Großmutter und die Tante zeigte mir ihre bestürzten Gesichter mit viel Skepsis, war es doch ein ganz anderer Weihnachtsbaum.



Foto:Gertrud Everding/Literadies

Weihnachtszeit

Lichterglanz in allen Straßen,
Weihnchtsfeiern, dies in Massen,
Einkaufen noch bis zum Schluss.
Ist das Frieden und Genuss?
Gelobt sei die Besinnlichkeit,
Besonders in der Weihnachtszeit.

Christa Renken


ein Apfel darf nicht fehlen!

 

 

Advent 2007

Tannenzweige, Kerzenduft,
Weihnacht liegt schon in der Luft.
Und die Kinder träumen dann
auch schon mal vom Weihnachtsmann.

Sterne steh'n in voller Pracht
in der klaren Winternacht,
droben dort am Himmelszelt,
blicken auf die kalte Welt.

Und ich steh am Fenster hier,
weiß noch nicht mal, ob ich dir
dieses Jahr was schenken kann.
Dank Hartz IV bin arm ich dran.

Bild und Text: Gertrud Everding /Literadies

     
     
Das Weihnachtsgeschenk von Christa Renken

Es war an einem trüben Novembertag im Jahr 1933. Die Geschwister, der zwölfjährige Hans-Joachim, genannt Hansi, und die neunjährige Christel langweilten sich. Sie waren vor kurzem von der Kleinstadt in die Großstadt gezogen. Wehmütig dachten sie an die Freunde, von denen sie Abschied genommen hatten.
Hansi meinte: "Wenn wir wenigstens einen Hund haben könnten, so einen wie den Foxterrier Struppi im Nachbarhaus."
"Ach, wäre das schön", schwärmte Christel. "Aber es gibt doch noch kleinere Tiere, mit denen Mutti nicht auszugehen braucht, wenn wir in der Schule sind. Gegen einen Wellensittich zum Beispiel könnte sie bestimmt nichts einwenden."
Hansi war von der Idee begeistert und bat Christel: "Lass uns sofort losgehen. Die Zoohandlung ist gottseidank in der Nähe."

Im Nu wich die Traurigkeit von den beiden und wandelte sich in Spannung und Vorfreude. Das Ziel war schnell erreicht. Bisher hatten sie nur von draußen hineingesehen.
Nun wollten sie Kunden werden. Selbstbewußt betraten sie daher das Geschäft. Vorerst nahm sie das exotische Flair gefangen. Es gab viele Kleintiere und vor allem bunte, zwitschernde Vögel jeglicher Art. Die Wahl würde schwer fallen. Der Verkäufer, der geduldig alle Fragen der Kinder beantwortete, hatte volles Verständnis für den Wunsch der Kinder und zeigte ihnen die Wellensittiche. Erst mußte geklärt werden, ob das Taschengeld reichen würde.
Hansi meinte: "Es wird bestimmt klappen. Außerdem bekommen wir noch Taschengeld. Den Vogel können wir ohnehin nicht mitnehmen. Aber ich habe etwas gesehen, was wir für den Wellensittich brauchen könnten. Schau den Spielplatz an, der hier steht. Wie gefällt er Dir ? ...."
"Ganz prima" antwortete Christel. "Aber dann langt unser Taschengeld vielleicht nicht."
"Das ist doch nicht so schlimm", witzelte Hansi. "Wir legen einfach ein Ei auf den Käfigboden und liefern später den Vogel nach."

Sie kauften schließlich den Spielplatz. Der Anfang war gemacht. Alles andere würde sich ergeben, dachte nun auch Christel zuversichtlich.
Am nächsten Tag vertraute sich Christel einer Klassenkameradin an: "Stell Dir vor, mein Bruder und ich wollen unseren Eltern einen Wellensittich schenken. Einen Spielplatz haben wir schon. Nun fehlt noch ein preiswerter Käfig. "Ich kann Dir vielleicht helfen" , sagte das Mädchen. " Ich muss nur mit meinen Eltern sprechen. Wir haben auf dem Boden noch einen selbstgebastelten Käfig."
Tatsächlich erhielt Christel am nächsten Tag einen preisgünstigen, sehr schönen Käfig, der wie ein Schwarzwaldhaus aussah und sogar mit zwei Balkons ausgestattet war. Stolz trug sie das Vogelhaus nach Hause. Hansi sagte begeistert: "Nun können wir auch den Vogel kaufen."
Noch im November holten Sie in einem Transportkäfig ein blaues Wellensittich-Männchen, das sie "Pepo" nannten.
Kaum waren sie im Kinderzimmer, versuchten sie, den zuerst scheuen Vogel aus der Hand zu füttern. Mit viel Geduld hatten sie bald ihr Ziel erreicht. Pepo kam auf den Zeigefinger und kletterte zur Freude der Kinder von einem Finger auf den anderen. Beim ersten Freiflug allerdings gingen beide zu Beginn in Deckung.
Doch sie gewöhnten sich bald an den schnellen Flieger. Pepo landete immer erst auf dem Käfig und kletterte dann hinein.
Natürlich sollte das Weihnachtsgeschenk bis Weihnachten geheim bleiben, obwohl die Kinder es kaum abwarten konnten, den Vogel zu präsentieren.

Vorsichtshalber hatten sie ihre Mutter gebeten, das Zimmer nicht zu betreten. Eines Tages sprach sie die Kinder an. "Hört mal ihr beiden. Ihr wißt doch, dass das Zimmer nicht geheizt ist. Solltet ihr etwas Lebendiges verstecken, dann könnte es dem Tier schaden. Schließlich wäre es nicht schlimm, wenn ihr die Bescherung vorzieht."
Das hatten die Kinder nicht bedacht. Erst jetzt fiel ihnen ein, dass die Mutter sicher das Piepen gehört hatte. Hansi meinte: "Mutti hat Recht. Wir sollten unsere Eltern schon vorher beschenken. Morgen ist der 1. Advent. Das passt gut." Eigentlich konnte er es ebensowenig abwarten wie Christel, die sofort zustimmte.
Dann war es so weit. Am nächsten Morgen marschierten beide ins Wohnzimmer, Hansi mit Pepo auf dem Finger voraus, Christel folgte mit dem Käfig.
Obwohl die Eltern schon eine Vorahnung hatten, waren sie überrascht, besonders über die Zutraulichkeit des Vogels, der ohne Scheu auf den Finger des Vaters hüpfte.

Fröhlich sagte er: "Da habt Ihr Euch etwas besonders Schönes ausgedacht" , während die Mutter zu bedenken gab: "Eigentlich wollten wir kein Tier im Haus haben. Aber auch ich muß zugeben, dass ich mich über Euer Geschenk freue." Als Pepo übermütig durch das große Zimmer flatterte, zogen die Eltern zuerst ihre Köpfe ein, bis der Vogel schließlich auf dem Gardinenbrett landete.
Alle fanden, daß es eine gelungene vorweihnachtliche Bescherung sei, ein besonderer
1. Advent, an den sie sich noch lange erinnern würden.
Natürlich dachten Christel und Hansi daran, dass sie sich selbst auch einen Wunsch erfüllt hatten. Hinzuzufügen wäre noch, dass die beiden ihrem Vater zu seinem Geburtstag im Januar noch ein gelbes Wellensittich-Weibchen schenkten, das sie "Dolly" nannten. Damit war auch die Vogelfamilie perfekt.

Foto: Gertrud Everding

 

"Bei Kerzenlicht"
Wachsbild von Elfi Bock/Literadies

Zum Jahreswechsel

Und wieder ist ein Jahr zu Ende
mit Freud und Leid, mit Zag und Mut.
Ich reich Dir dankbar beide Hände.
Dass es dich gibt, tut mir so gut.

Warst bei mir, wenn im Licht wir gingen,
gabst Kraft mir in der Dunkelheit.
Heut möcht ich meinen Dank dir bringen.

Mag Gott dich schützen allezeit.

Gertrud Everding

 

Alle Jahre wieder

Eine heiter-besinnliche Erzählung von Martin Ripp

Seit einundvierzig Jahren, solange wie wir verheiratet sind, legt meine Frau mir am 15. Dezember Weihnachts- und Neujahrskarten sowie die von ihr geführte Namens- und Adressenliste auf den Schreibtisch. Jedes Jahr protestiere ich erneut, aber erfolglos. Sie besorgt die Karten und hält die Liste auf dem neuesten Stand. Zu mir sagt sie: "Du hast nun mal diese schöne, leserliche Handschrift!" Was kann ich dagegen einwenden?

Mich stört ja auch weniger das Schreiben als der Zwang dazu, meist nach dem Motto: Schickst du uns eine Karte, bekommst du auch eine!
Den inneren Kreis, die nahen Verwandten, findet man natürlich nicht auf dieser Liste, weil wir über Weihnachten zusammen sind oder zumindest miteinander telefonieren.
Dieses Jahr sind es zwanzig gut sortierte Karten. Vor dreißig oder vierzig Jahren waren es bestimmt noch zehn oder fünfzehn mehr. Die Abgänge auf dieser Liste waren größer als die Zugänge. Meine Frau streicht und ergänzt jedes Jahr, stellt sie aber nie neu zusammen.

Es sind inzwischen fünf linierte und geheftete Din A4-Seiten, von denen die ersten drei bereits zerfleddert sind. Viele Namen sind durchgestrichen, weil die Menschen unbekannt verzogen oder inzwischen verstorben sind, der Kontakt aus irgendwelchen Gründen abgebrochen wurde oder sie nie mit einer Antwortkarte reagiert haben.

Jedes Jahr wieder habe ich die Qual der Wahl. Von der einfachsten Karte bis zur künstlerisch wertvollen zum Preis eines kleinen Weihnachtgeschenks. Und dann die verschiedenen Motive:
Weihnachtsmänner, geschmückte und grüne Tannenbäume, mit Lichterketten dekorierte Fenster, strahlende Kinderaugen, Schneemänner, Engel oder Winterlandschaften. Die sind mir die liebsten. Bei 10 Grad plus und Nieselregen verschicke ich damit Träume.

Schon beim Schreiben klingt mir Bing Crosbys "White Christmas" in den Ohren.
Unterschiedlich sind ja auch die eingedruckten Texte: "Ein frohes Fest.", "Fröhliche Weihnachten.", "Ein frohes Fest und ein glückliches neues Jahr.", "Fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch!", oder nur "Ein gutes neues Jahr!" Bei Leuten, die ich nicht so gerne mag, schreibe ich: "Umseitiges wünschen Rita und Manfred." Oder ich fange mit einem Bindestrich an. Einige Karten haben keinen Text. Die verwende ich dann für Menschen, denen ich mehr zu sagen habe. Da kann ich dann "Fröhliche Weihnachten", "Ein gutes neues Jahr!" oder vielleicht auch noch etwas anderes einsetzen, mit meiner schönen, leserlichen Handschrift.

Karten, die einige Tage vor dem Fest bei uns eintreffen, vergleicht meine Frau sofort mit ihrer Liste. Steht ein Name noch nicht drauf, notiert sie ihn und ich muß sofort eine zusätzliche Weihnachtskarte absenden. Eingänge vom 24. Dezember von Absendern, die von uns noch nicht bedacht wurden, übernimmt sie ebenfalls für das nächste Jahr. Die erhalten von mir eine vorgedruckte Neujahrskarte, auf der wir uns für ihre Weihnachtskarte bedanken.

Ich beginne immer hinten auf der Liste mit den einfachen Postkarten und schreibe mich nach vorne zu den langjährig Bedachten, die die teureren Karten von mir erhalten.
Auf der ersten Seite, die an der linken oberen Ecke vom vielen Heften in all den Jahren zerlöchert ist, steht nur noch in der vorletzten Reihe eine gültige Position. Alle anderen Namen und Adressen sind von meiner Frau durchgestrichen worden und haben für mich als Kartenschreiber keine Bedeutung mehr. Trotzdem gehe ich sie Reihe für Reihe durch und frage mich nach den Gründen. Bei einigen sind sie mir klar, da befindet sich neben dem Namen ein Kreuz.

Tante Meta ist nachgeblieben. Als wir sie vor rund zwanzig Jahren in Stuttgart besuchten, wirkte sie auf mich schon wie eine alte Frau. Inzwischen muß sie weit über neunzig sein. Vor sieben oder acht Jahren haben ihre Kinder sie vorübergehend - wie sie ihr und uns versicherten - in einem Altenheim untergebracht, da sie nach einem längeren Krankenhausaufenthalt noch nicht wieder in der Lage war, sich in ihrer Wohnung zu versorgen. Ihr Mann war im Zweiten Weltkrieg gefallen und sie hat für die beiden Mädchen allein sorgen müssen.
Obwohl es eine Dauerunterbringung war, habe ich immer geschrieben:
"Meta Hülsemann , z. Zt. Seniorenheim Bethesda".

Ich suche die schönste Karte mit einer Winterlandschaft aus: Schneebedeckte Berge hinter einem Wald mit bereiften Ästen und Zweigen. Im Vordergrund ein Pferdegespann auf einem eingeschneiten Weg, der an einem Bach entlang führt, dessen Ränder zugefroren sind. Im Hintergrund eine Holzbrücke, die über das Wasser zu einem Schloß mit einem golden leuchtenden Turm führt. Das einzige, was mich stört, ist das eingedruckte "Fröhliche Weihnachten." Aber es verläuft in einer weißen Schrift über den schneebedeckten Gipfeln, und ist selbst für mich nur schwach zu erkennen. Denn wie kann man ihr das wünschen, wenn sie vielleicht schon im Rollstuhl sitzt?

Nach reiflichem Überlegen schreibe ich die Adresse aber wie in den vergangenen Jahren. Es könnte jetzt mit dieser hübschen Karte eine andere Bedeutung bekommen. Vielleicht wird es die einzige Karte sein, die sie bekommt. Sie würde sie sich dann länger und genauer ansehen. Zuerst das Bild, dann meine Zeilen und schließlich würde ihr Blick auf die Anschrift übergehen, auf der ich "zur Zeit" dieses Mal nicht abgekürzt, sondern ausgeschrieben und zusätzlich noch dick unterstrichen habe.

Ich kann mir vorstellen, daß sie das jetzt nicht mehr als Verbindung zu ihrer Wohnung verstehen wird, die von ihren Kindern längst aufgelöst wurde. Ich hoffe, sie wird die Karte dann wieder umdrehen und gedanklich, Bing Crosbys weiche Stimme im Ohr, durch diese Winterlandschaft über die Brücke in das Schloß mit dem goldenen Turm wandern. Dann hätte ich nicht nur einen Traum verschickt, dann würden diese beiden Worte auch mehr Hoffnung bringen, als alle unsere guten Wünsche!

 

 

 

Jahreswende

Das alte Jahr geht nun zu Ende.
Am Horizont ganz zart und sacht
erscheint uns nun die "Zeitenwende"
inmitten klarer Winternacht.

Begrüßt sie nur mit Böllerschüssen,
Raketenglanz und viel Geschrei,
damit die alten Geister wissen,
die Zeit für sie ist nun vorbei!

Nichts soll das "Neue Jahr" belasten,
das Üble, Böse bleibt zurück,
ist alt, zerfetzt - ist abgetragen,
man hofft jetzt auf ein neues Glück.




auch im Neuen Jahr immer genug Äpfel!

 

Immer hatten Menschen Wünsche,
Gesundheit, Arbeit, Gut und Geld;
am wichtigsten auf Erden aber
ist doch der Friede auf der Welt!

Laßt endlich die Vernunft jetzt walten,
verbannt den Hunger und den Neid;
für alle Lebensraum erhalten,
im neuen Jahr - in neuer Zeit!

Gertrud Pforr

"Tannenzweig"
Monotypie von H.-W. Ecker/Literadies

 



Bedenklicher Rückblick
auf die
Feiertage

Vergangenheit - der Tannenbaum,
Fest der Liebe? aus der Traum.
Jahresende, neues Jahr,
keine Wende,'s bleibt wie's war.

Raketen zischen in die Luft
unter lautem Ah und Oh,
sind als bunter Traum verpufft,
die Moneten ebenso.

Menschenleer und grau die Stadt,
die gestern noch gejubelt hat,
die mit Selbstlob sich behängte,
ihre Zukunftsangst verdrängte.


Auf den Straßen, auf den Plätzen,
leere Flaschen, Böllerfetzen;
Scherben, Dosen, Dreck zu Hauf,
wo man hinsieht, 's hört nicht auf.
Auf dem Gehsteig Essensreste,
Spatzen hier die Partygäste,
Rosarot ein Luftballon,
vom Wind bewegt, rollt er davon.
Ein buntes Ding, weht er dahin,
die hohle Haut ganz ohne Sinn.



Hinter Glas die Menschenwelt,
modisch schick zur Schau gestellt;
Köpfe braucht man dazu nicht.
Im Müll ringsum ist ihr Gesicht.

Nackt und kahl ein Weihnachtsbaum
nadelt vor sich hin im Traum
von buntem Schmuck und Kerzenschein;
ein Hund naht sich und hebt das Bein.
Dem Baum wird's warm,
als stünd noch immer
er strahlend schön im Weihnachtszimmer.

Auch der Mensch irrt, wenn er meint,
dass der Festglanz länger scheint.
Sind die Tage erst vorüber,
ist guter Vorsatz schnell hinüber.

Ein neuer Mensch ist nicht in Sicht;
Der alte ändert eh sich nicht.

Im alten Jahr geht's auf und nieder;
am Ende, "Alle Jahre wieder . . .",
droht die lange Festeszeit
wie eh und je in Ewigkeit.

Doch jeder wird die Festzeit loben,
obwohl sie endet-
siehe oben.

H.-W. Ecker©

 

Foto: S Hofschlaeger/pixelio

 

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