Nekrolog von Beate Donsbach Amanda
hieß sie -, "die zu liebende"
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Dazu kam
bald ein Rückenleiden. Die Bluse
hat sie überdauert -
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Text
und Bild: Beate Donsbach/Literadies |
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Mein Baum von Elke Kremkus Damals
standen innerhalb des Kasernenhofes einige kleinere und drei große
Bäume im staubigen Boden. Einer davon war eine Kastanie. Im Frühjahr schmückten sie Blüten über Blüten, die mir im Sonnenlicht wie leuchtende Kerzen am Weihnachtsbaum vorkamen. Verblüht auf der Erde glichen sie dem Schnee. Im Herbst sammelten wir ihre unzähligen heruntergefallenen Früchte, aus denen wir Figuren bastelten. Ach, wie schade, dass sie nicht essbar waren und dachte an die Bucheckern, die ich mir gierig in den Schlund stopfen konnte. Je nachdem, was wir anfertigten, bohrten wir entsprechend viele Löcher mit einem Frittbohrer (Handbohrer) in die Kastanien und steckten Streichhölzer als Beine oder Arme hinein, deren Schwefelköpfe wir vorher entfernte hatten. Manchmal klebten dann etliche Pflaster an unseren Fingern, weil der Bohrer von der glatten, harten Frucht abgerutscht war und unsere Hände verletzt hatte. Die zahlreichen
Kastanien reichten nie aus, und es dauerte uns viel zu lange, bis die
nächsten herunterfielen. Die größeren Kinder versuchten
deshalb immer wieder, auf den Baum zu klettern. Unmöglich! Es war
unmöglich einen Ast zu erreichen. Es half auch nichts, wenn einer
auf die Schultern eines anderen stieg, weil eine Möglichkeit zum
Festhalten und zum Hochangeln fehlte. Wenn ich mit meinem jüngsten Bruder in die Nähe des Baumes kam, zog er mich aus seiner Reichweite. Verwundert schaute ich auf seinen lächelnden, feuchten, halb geöffneten Mund, aus dem mich Zahnlücken anstrahlten. Sein Silberblick bettelte um Schweigen. Ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter, mein Bruder zerrte mich von der Kastanie weg. Ich fragte ihn nie weshalb, geriet aber deswegen ins Zweifeln. Entweder stimmte etwas mit dem Baum nicht oder mit meinem Bruder. An Gespenster glaubte ich schon lange nicht mehr und kam zu dem Entschluss: Mein Bruder ist krank. Nach langen Jahren kehrte ich wieder einmal an den Ort meiner Kindheit zurück, nicht nur, um mir das neue Wohngebiet, das nach Abbruch der Kaserne dort aufgebaut worden war anzusehen, vielmehr war ich diesmal auf der Suche nach Gefühlen und Gerüchen der Vergangenheit. Der Kastanienbaum gehörte dazu. Ich suchte ihn, obwohl er damals nicht zu übersehen war. - Es gab ihn nicht mehr! An der vermeintlichen Stelle blieb ich stehen. Gedanklich zogen in schnellem Wechsel verschiedene Bilder von dem Baum an mir vorbei. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen, als ich ihn mir im Herbst vorstellte, wenn wir auf der Jagd nach seinen Früchten waren: er sah dann aus wie ein "gerupftes Huhn"! Mittlerweile wusste ich, warum mein Bruder damals Angst vor ihm hatte. Ich habe lauthals über seine Antwort gelacht aber auch, weil mir diese Erklärung nie eingefallen war: Eine große Frucht, die noch in der stacheligen Hülle gesteckt hatte, war ihm auf den Kopf gefallen. Er war darüber so sehr erschrocken, dass er sich schämte es mir zu sagen. Text
und Bild: Elke Kremkus, Hamburg, den 06.01.09
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