10. Geschichte:
Besuch am Abend
Olli
ist heute mit Mama zu Onkel Heiners Geburtstag gefahren, der einen Reitstall
mit Pferden, Katzen und vielen Hunden besitzt. Sie wollen dort sogar übernachten.
So müssen die Teddies brav allein zu Haus bleiben.
Alle sitzen zusammen auf dem Sofa im Wohnzimmer.
Es wird schon dunkel draußen.
Mama Biba liest gerade aus dem dicken Märchenbuch vor und Bibi hört
gespannt zu, nur
Bambo bohrt gelangweilt in der Nase.
Da
klopft es leise an der Terrassentür.
Bambo springt sofort auf, aber draußen ist nichts zu sehen als der
dunkle Garten.
"Aber Großmutter, warum hast du denn so entsetzlich große
Ohren?" liest Biba, da
klopft es schon wieder.
Draußen auf der Terrasse steht eine große dunkle Gestalt.
Alle können es sehen.
"Wir machen nicht auf!" befiehlt Biba energisch.
Klein-Bibi fragt: "Ob das der Weihnachts-mann ist?"
"Dummchen", antwortet Mutter Biba, "wir haben doch Sommer."
"Bitte, lasst mich doch rein!" ruft eine tiefe Stimme. "Ich
habe solchen Hunger!"
Biba legt
das Buch weg und geht an die Tür: " Ein Bär", sagt
sie erschrocken.
"Ein großer brauner, richtiger Bär! -
Es tut uns leid, aber wir dürfen Sie nicht hereinlassen, Herr Bär."
"Ich habe aber sooolchen Hunger", knurrt der Braune. "Haben
Sie nicht ein bißchen altes Brot für mich? Mein Zirkus ist
ohne mich weggefahren. Nun habe ich kein Zuhause mehr und seit Tagen nichts
gegessen."
Bambo flitzt sofort in die Küche und kommt mit einem ganzen Weißbrot
und einem Topf Honig zurück. Er schaltet das Licht draußen
an und geht neugierig auf die Terrasse hinaus.
Da steht er, der riesige Kerl und sieht mager und struppig zum Erbarmen
aus. "Ich bin mit dem Rad gekommen", sagt er und zeigt auf das
merkwürdige, hohe, altmodische Fahrrad, das an der Hauswand lehnt.
"Dabei
sah ich euch drei auf dem Sofa sitzen und dachte, die Teddies haben gewiss
ein Herz für einen armen Zirkusbären."
"Das haben wir!" ruft Bambo begeistert. Die
drei Teddies setzen sich zu dem Bären auf die Terrasse und sehen
ihm beim Honigschlecken zu, denn natürlich hat er diese süße
Köstlichkeit zuerst ausgewählt. Wieder und wieder langt er mit
der Pfote ins Glas hinein, um sie dann mit seiner langen Zunge abzulecken.
"Ach", seufzt Biba, "ist das schön, mal einen großen
Bären hier zu haben." Als der braune Riese das Weißbrot
verputzt hat, zwinkert er vergnügt zu Bambo hin. "Willst du
das Radfahren lernen?"
Wie
gern Bambo das möchte! Der Bär berührt mit einer kleinen
silbernen Peitsche, die am Fahrrad befestigt war, leicht das Fahrzeug
mit dem großen Vorderrad; da ist es genau so klein, wie Bambo es
braucht, um die Pedalen zu erreichen.
"Du kannst ja zaubern", staunt Bambo.
" Rede nicht so viel! Steig lieber drauf und fahr los", knurrt
der Große.
Hui, ist das schön! Der Zirkusbär hält beim Fahren das
Rad am Sattel fest, aber nur zwei Minuten lang, dann saust Bambo allein
los.
Bald ist er am See, wo der Schwan im Schilf träumt. "Huhu Schwan!"
ruft Bambo triumphierend. "Krieg mich doch! Krieg mich doch, oller,
oller Schwan!"
Der Schwan wendet verwundert den Kopf und zischt leise. Dann steckt er
den Schnabel aber doch wieder unter die Flügel.
Als Bambo von seiner Rundfahrt zurück kommt, hat sich der Bär
inzwischen über den guten Streuselkuchen hergemacht, den Papa so
gern isst. Biba konnte es nicht übers Herz bringen, den Bären
so hungrig zu sehen.
Dabei hatte Mama den Teddies vor der Abreise extra noch einmal gesagt,
dass sie nicht davon essen dürften. Aber den Zirkusbären interessiertdas
natürlich nicht im geringsten. Als er alles aufgefressen hat, tapst
er einfach ins Haus hinein und durchsucht die Schränke. Er findet
Bonbons und Weinbrandbohnen, frißt auch ein paar Gläser mit
Himbeermarmelade leer.
Biba
macht ganz ängstliche Augen.
"Das dürfen Sie nicht, Herr Bär!" ruft sie entsetzt.
Ich habe Ihnen schon den ganzen Streuselkuchen gegeben. Was wird Frau
Winter dazu sagen! Wir kriegen bestimmt Ärger! Aber der Bär
wird immer vergnügter. Seine Augen funkeln und als er auch die Weinbrandbohnen
aufgefressen hat, holt er eine Zieharmonika aus seinem Pelz hervor.
Eine wunderbare, lustige Musik klingt durch den Abend und der Bär
beginnt nun sogar zu tanzen. Auch die Teddies tanzen mit, bis sie vor
Müdigkeit fast umfallen.
Durch den ganzen Garten tanzen sie, und als sie sich auf der Terrasse
wieder treffen, ist der Bär plötzlich nicht mehr da.
Überall suchen die Teddies nach ihm. Im Haus unter den Betten, im
Garten in den Büschen, auf den Bäumen, aber der Bär ist
weg. Wie still ist es nun im Garten! "Horch", flüstert
Biba, " horch, dort ganz in der Ferne, ist das nicht die Musik einer
Harmonika?" Aber es ist wohl nur der Wind. So gehen die Teddies schließlich
doch zu Bett.
Als Papa
spät in der Nacht nach Haus kommt, bemerkt er das Licht auf der Terrasse
und das seltsame, winzige Fahrrad an der Hauswand. Auch die vielen Kuchenkrümel
und die leeren Gläser sieht er und natürlich ärgert er
sich über die offenen Schränke und den fehlenden Streuselkuchen.
"Ich möchte mal wissen, was hier passiert ist. Sieht aus, als
ob es Einbrecher waren, oder sollten doch die Teddies? - - -
Na,
die können was erleben", schimpft er und geht kopfschüttelnd
die Treppe ins Schlafzimmer hinauf. Die
Teddies, müde von der Freude und vom Tanzen, liegen dicht aneinander
geschmiegt auf dem Sofa im Wohnzimmer und schlafen fest. Biba hat noch
das aufgeschlagene Märchenbuch auf dem Schoß liegen.
Bambo
erwacht am Morgen als erster. Da fällt sein Blick auf das kleine
Fahrrad an der Hauswand. Verwundert reibt er sich die Augen Dann ist er
wie der Blitz draußen auf der Terrasse und besteigt das Fahrrad.
"Ich kann es! Ich kann es wirklich!" jubelt er und saust durch
den Garten. Danach
aber versteckt er es gut im Brombeerbusch.
Als Olli
am Abend nach Haus kommt, sitzt Bambo nachdenklich auf dem Sofa. "Olli,
was meinst du, ob ich wohl Zirkusbär werden darf, wenn ich groß
bin? Auf dem Fahrrad fahren kann ich schon. Ein großer Bär
hat es mir beigebracht."
"Na sicher, du kleiner Angeber. Ich weiß ja, du kannst alles,
was du willst", antwortet Olli und es scheint, als ob er Bambo auslacht.
Der
riesige Zirkusbär aber wurde von niemandem jemals wieder gesehen.
Ob er seinen Zirkus wieder gefunden hat?
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