Auf
Elba hatte ich etliche, meist erheiternde Erlebnisse, besonders mit den
Ameisen, aber das ist wieder eine Geschichte für sich.
Ach was, nun bin ich gerade dabei, also:
Die
Ameisengeschichte von Charlotte Brozzo
In Italien,
wie in fast allen südlichen Ländern, gibt es viele Ameisen,
die so eine Art Gesundheitspolizei bilden.
Auf meinem Küchentisch, ebenso wie auf dem Kühlschrank und der
Spüle liefen immer 3 - 4 kleine schwarze Ameisen, wahrscheinlich
Rekruten, Patrouille.
Da sie wohl mit Sprechfunkgeräten ausgerüstet waren, hatte es
keinen Sinn, sie weg zu wischen. Wenn sie sich nach drei Minuten nicht
beim Regimentsstab gemeldet hätten, hätte man sicher sofort
neue Soldaten losgeschickt. Also ließ ich sie herumlaufen.
Eines Vormittags hatte ich nach einem anstrengenden, steil bergwärts
gehenden Spaziergang, einen einsamen Feigenbaum gefunden, der voller blauroter
Feigen hing.
Ich nahm mir natürlich etliche als Wegzehrung und noch ein paar halbtrockene
für den Abend mit nach Haus. Diese legte ich in ein Körbchen
auf dem Kühlschrank, in dem auch Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch
lagen und vergaß sie dann.Als
ich am nächsten Nachmittag von einem Gang ins Dorf zurückkam,
wimmelte dieser Korb von Ameisen.
Da hatte die Ameisen-Patrouille wohl dem Regiment gemeldet, dass
hier Essen frei herumliegt. Ich grauste mich nicht besonders, sondern
rettete Tomaten, Zwiebeln und
Knoblauch durch Abspülen und Nachtrocknen vor dem Verzehr durch die
Insekten.
Die Feigen aber warf ich schweren Herzens mitsamt den vielen Ameisen in
den Mülleimer und verschloss ihn fest mit dem zugehörigen Deckel.
Nun war
kein Futter mehr da und der verantwortliche Leutnant meldete dies auch
dem Stab.
Kurz darauf erschienen zwei wesentlich größere Ameisen auf
der Bildfläche, vielleicht ein Major und sein Adjudant. Sie liefen
herum, aber es war wirklich nichts mehr da. Also Meldung per Sprechfunk
an den Stab und von dort die Antwort:
Erste,
zweite und dritte Kompanie zurück in die Kaserne! Vierte, fünfte
und sechste
Kompanie räumt die eventuell vorhandenen Reste, beziehungsweise meldet
sofort, wenn neues Futter gefunden wird. (Natürlich wurde nichts
mehr gesichtet.)
Die zwei größeren Ameisen waren verschwunden, wohl zum Stab
zurückgekehrt. Etwa die Hälfte der Krieger räumte sehr
zügig das Einsatzgebiet. Zurück blieb immer noch genug Militär,
um die fast unsichtbaren Krümel und Tröpfchen abzuschleppen.
Gut eine
Stunde später lief nur noch die sechste Kompanie herum, aber auch
die war am nächsten Morgen abgezogen, bis auf zwei oder drei Rekruten.
Dann wischte ich den Kühlschrank mit heißem Wasser ab und vorbei
war's mit dem
Eroberungs - Feldzug der Ameisen.
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ALBERTA
von Hanne Kloos
An
einem lauen Frühsommermorgen kam es zur Welt. Naß und unbeholfen
versuchte es, die langen dünnen Beine einigermaßen nebeneinander
zu stellen. Nach ein paar vergeblichen Ansätzen klappte es dann endlich
- das Neugeborene stand - wackelig zwar, aber das hatte es ganz alleine
geschafft, umringt von den Tanten, die die Mutter kräftig unterstützten.
Es waren wunderschöne, kräftige "Rotbunte", so nannte
der Bauer sie immer, wenn er in den Stall kam und mit ihnen angeben wollte.
Er hatte durch sie schon viele Preise auf dem Markt gewonnen.Nun
standen sie alle um das Kalb herum und putzten kräftig mit, um es
zu trocknen.Wie
das kitzelte! So richtig warm wurde es dem kleinen Kalb und es blieb ruhig
stehen.
Von weitem ertönte ein Brummen, ein Auto kam näher. Die großen
Tiere hoben die Köpfe und sahen ihm entgegen, es war der Bauer. Sie
ließen zur Begrüßung ihr Gebrüll hören.
Er kam
um nach dem Rechten zu sehen. "Na, was haben wir denn da, bin ich
doch zu spät gekommen ?", sagte er und klopfte der Kuh-Mutter
den Hals. Er schaute sich das Kalb an und schien ganz zufrieden mit dem
was er sah.
"Da hast du aber ein prächtiges Mädchen zur Welt gebracht,
meine Gute, deine erste Tochter. Mal sehen, was hältst du von dem
Namen "Alberta", klingt doch hübsch, oder?"
Damit
begann für Alberta der erste Lebenstag. Sie drängte sich nun
an die Mutter um nach der Milchquelle zu suchen. Schließlich ist
so eine Geburt recht anstrengend, zumal wenn es die eigene war.
Eines
Tages kam der Bauer mit einem Mann in einem großen Auto angefahren.
So etwas kannte Alberta ja schon, davor hatte sie keine Angst. Sie bekam
ein schönes Halsband angelegt und der Bauer führte sie in das
Auto. Er
klopfte ihr liebevoll den Hals und meinte.
" So meine Kleine, halte dich gut und sei tapfer dort oben in den
Bergen. Es wird dir dort gefallen". Alberta
wußte nicht, wie ihr geschah, so ganz alleine in dem großen
Wagen. Sie schaute durch ein Guckloch und sah die Weide immer kleiner
werden. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihr breit. Etwas
später sah sie wieder durch das Guckloch, es war nur noch Wasser
zu sehen und so komische Vögel, die darauf schwammen. Mit
der Zeit wurde sie müde, sie legte sich hin und ehe sie noch an Zu
Hause denken konnte, schlief sie fest ein. Als
sie wach wurde, war sie ganz benommen von der langen Fahrt. Der fremde
Bauer stand vor ihr und sprach mit ihr. Aber sie konnte ihn nicht verstehen,
es klang ganz anders als bei ihrem Bauern. Da
er sehr freundlich war und sie ein paarmal ihren Namen verstand, folgte
sie ihm willig auf die Weide. Ganz erstaunt sah sie sich um, es sah hier
alles so anders aus. Die Landschaft war so hügelig, viele Berge waren
zu sehen und weit unten sah Alberta einen großen See, in dem sich
die Sonne spiegelte.
Auf der
Weide standen noch andere Rinder. Sie kamen neugierig näher und schauten
Alberta mit großen Augen an. Die
sehen aber komisch aus, dachte sie. Mit ihrem langen, zotteligen Fell
und den kurzen Beinen sehen sie eher wie dicke Schafe aus. Etwas
ähnliches mußten sie von ihr auch gedacht haben, denn sie steckten
die dicken, haarigen Köpfe zusammen und Alberta fühlte sich
auf einmal ausgelacht. Sie
kam sich plötzlich sehr einsam vor, am liebsten würde sie wieder
nach Hause gehen, aber sie wußte nicht, wie. Sie dachte an ihre
Mutter und die Tanten und bekam schreckliches Heimweh. Sie muhte laut,
drehte sich um und ging den Anderen aus dem Weg. Die Weide war groß
genug. Traurig
lief sie weiter, bis sie an einen kleinen Wald kam. Die Weide ging hinter
ihm noch ein ganzes Stück weiter, das war gut, hier würde sie
bleiben.
Sie
dachte wieder an die Heimat mit den Wassergräben und den lustigen
Windmühlen. Was sollte sie denn hier in den Bergen, wo die Luft viel
dünner war. Überhaupt,
alles war hier anders, aber das Gras und die duftenden Kräuter schmeckten
ihr ganz gut. So ließ sie es sich erst einmal schmecken und darüber
vergaß sie den größten Kummer.
Lange
Zeit trauerte sie um ihre alte Heimat, der Bauer machte sich schon Sorgen,
weil sie keinen Anschluß fand. Alberta blieb hinter dem Wäldchen,
dort gab es ganz besonders gute Kräuter und das Gras war so saftig.
Außerdem hatte sie sich mit einem kleinen Eichkater angefreundet,
der in einem einzelnenBaum wohnte, am Rande des Wäldchens. Der kleine
Kerl hüpfte ihr so flink durch die Beine, dass sie ihn oft gar nicht
bemerkte. Er versteckte immer etwas im Gras. Mit der Zeit hatten sie sich
so aneinander gewöhnt, dass so etwas wie Freundschaft entstand. Das
gab ihr Trost. Sie ging jeden Morgen zu dem Baum, schaute nach oben und
grüßte mit einem lauten "Muh" hinauf.
Die
anderen Rinder mied sie, wo es nur ging. Sie machten sich immer lustig
über sie und nannten sie eine nackte Mißgeburt, weil nicht
so lange Haare hatte wie sie. Sie hätte auch viel zu lange Beine,
zu lange Ohren und außerdem einen zu dicken Hintern, meinten sie.
Alberta
war tief gekränkt, ihr alter Bauer hatte sie wunderschön gefunden.
Wenn sie an ihre schöne Mutter dachte, kamen ihr die Tränen.
Alle hatten sie geliebt, und die Tanten hatten sie immer zärtlich
mit ihren rauen Zungen geputzt. Der
neue Bauer war gut zu ihr, sie freute sich, wenn er sie besuchte. Häufig
brachte er seine Kinder Heidi und Ole mit. Die waren immer fröhlich,
rannten mit ihr über die Weide und spielten mit ihr. Heidi machte
oft einen großen Blumenkranz und legte ihn um ihren Hals. Hmm...
wie das duftete! Das
Futter schmeckte ihr sehr gut, es ließ sie schnell wachsen und ihr
Fell glänzte.
Der Bauer klopfte ihr oft den Hals und freute sich, dass es ihr gut ging.
Ihre Artgenossen
wurden eifersüchtig. Sie drehten ihr den Rücken zu und ließen
sie allein. Als der Winter frühzeitig hereinbrach, holte der Bauer
sie in den Stall. Die anderen Rinder schauten sich an, na klar, die "Nackte"
war mal wieder etwas Besonderes, die hielt die Kälte hier draußen
doch nicht aus. Als
dann das Frühjahr nahte, wurde Alberta schön herausgeputzt.
Ole bürstete ihr das Fell bis es glänzte und Heidi band ihr
bunte Bänder in die Schwanzhaare. Der Bauer legte ihr ein breites
rot-weißes Band mit einer großen Glocke um den Hals. Wenn
sie ging, ertönte es in einem hellen Läuten, das war schön
und gefiel ihr.
Sie freute sich wieder, auf die Weide zu kommen, endlich wieder warme
Sonne und gutes Gras! Ob ihr kleiner Freund noch dort wohnte? Der
Almauftrieb war wunderschön. Viele Menschen standen an den Straßen,
oft wurde sie gestreichelt und ihr gutes Aussehen gelobt, das tat ihr
gut. Auf
der Hochweide standen schon ihre Artgenossen bereit und schauten sich
das bunte Treiben an. Oh weh, Alberta machte sich auf etwas gefaßt.
Langsam ging sie auf sie zu. Die Zottelkühe machten sofort Platz
für sie. Alberta war ganz erstaunt darüber und schaute sie groß
an. Überrascht stellte sie fest, dass sie ein ganzes Stück größer
war als ihre Artgenossen, sie mußte richtig hinunter sehen. Wunderschön
geschmückt stand sie vor ihnen. Die kleinen Hochlandrinder beugten
ihre haarigen Köpfe, gingen zur Seite und nahmen sie in ihrer Mitte
auf.
Alberta war glücklich, das hätte sie nicht von ihnen gedacht.
Vielleicht würden sie jetzt doch noch gute Freunde. Ihr
fiel nun der Eichkater ein. Sie lief gleich hinter das Wäldchen zu
dem Baum und grüßte mit einem "Muh" nach oben. Aber
was war das? Aus den Zweigen sprangen ihr gleich zwei kleine, braune Gesellen
flink entgegen.
Hinter ihnen hüpfte ihr Freund, der Eichkater, auf sie zu. Na,
da hatte sie sich aber ganz schön getäuscht, der Kater war ein
Kätzchen und hatte zwei Kinder zur Welt gebracht. Nun fühlte
sich Alberta auf ihrer Weide wieder so richtig wohl und ein Gefühl
von Heimat kam in ihr hoch. Sie atmete tief den würzigen Duft des
Grases ein und fing gleich an, genüsslich zu fressen.
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