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Wer nimmt uns denn

da auf die Schippe?



 

 

 

Nekrolog am Grabe von Hans

Satire von Beate Donsbach

Mein Hasenhans, da liegst du nun unten in einem Sarg.
Ich kann es nicht fassen, dass ich dich nie mehr sehen werde.
Dein Leben wird mir unendlich fehlen, deine Stimme, deine Berührung, dein Duft , deine Meinungen , deine Ratschläge, dein Lachen, dein Stöhnen, dein Atem , dein Schweiß.
Mein Hasenhans, du, ein Teil von mir, wo ist deine Seele jetzt?
Begleitet sie mich heimlich und wacht über mich, über meine Trauer, über meine Treue, über mein Alleinsein, über meine Lust , mein Lachen und mein Denken?
Als ich dir ewige Treue geschworen habe, kannte ich dich ja kaum. Damals, vor 23 Jahren wußte ich nur, dass es keinen Menschen in meinem Leben gab, der mein Bewußtsein so ausschließlich bestimmen würde; dessen Positionen ich so ungefragt übernehmen und dessen Geschmack mich so total überzeugen würde.
Auch deine zögernde Haltung unserer körperlichen Vereinigung gegenüber konnte ich verstehen,dein schamhaftes Verbergen der Körperlichkeit und unser gemeinsames Suchen nach höheren Werten, als dem Ausleben vulgärer Sexualität.
Du hast mich gelehrt, das Bett mit dir zu teilen und meine Lust zu ersticken in
religiösem Taumel und der Suche nach der Wahrheit zwischen uns.
Du sagtest mir, an welche Wahrheit ich glauben sollte, weche die wirkliche und unumstößliche war. Dafür liebte ich dich, dafür hattest du mein ganzes Vertrauen.
In deinen Armen löste ich mich auf, ich glitt in eine undefinierbare Grauzone.
Du warst mein Schöpfer, Bildner, Denker, Macher.
Ich ahnte ja nicht, welch unermessliche Kräfte es dich kostete, das für mich zu sein, was ich in dir sah.
Ich wusste nicht, dass du dein Leben längst schon geteilt hattest, in das eine mit mir und das andere mit deinem Geliebten, mit dem mich jetzt die Trauer verbindet.
Wie glücklich war ich immer, wenn ich irgendetwas für dich tun konnte, um dich froh zu stimmen! Wie gern verdiente ich täglich mit meiner Arbeit das Geld, mit dem du dir deine Wünsche erfüllen konntest! Es war auch für mich einer der schönsten Augenblicke unserer Zweisamkeit, als ich dich mit dem wunderbaren Masserati überraschen konnte,
mit dem du so gern abends losfuhrest und am andern Tag mittags entspannt und glücklich wieder auftauchtest. Es tut mir heute noch Leid, dass ich dir einmal meine
Kreditkarte nicht mitgeben konnte, weil ich sie verlegt hatte, und du darum in der Nobelabsteige Ärger gekriegt hast.
Mein Hasenhans, wie gern hast du die schicken Armani- Anzüge getragen, die ich dir gekauft habe und wie stolz warst du, als du an unserm 2. Jahrestag die Rolex bekamest und sie deinen Eltern zeigen konntest.
Ich wusste nichts Schöneres, als mich dafür krumm zu legen und ein paar Nachtschichten extra zu schieben, wenngleich mein Chef sich wunderte, dass ich trotzdem noch einen Kredit brauchte. Schließlich solltest du ja nicht in einem überschuldeten Nest bei mir wohnen und auch nicht etwas essen müssen, was dir gar nicht schmeckte, weil ich damals noch nicht auf die Idee gekommen war, dass wir ja einen Sternekoch bei uns einstellen konnten. Mit Dankbarkeit denke ich noch daran, wie du mich auf diese Idee gebracht hast, nachdem mir einmal die Hummer zäh geworden waren. Ich bin auch froh, dass ich dir damals zu der Weltreise geraten habe, die du dir so sehr gewünscht hattest. Verzeih, dass ich so eine blöde Nachfrage stellte, als meine Kontoauszüge immer für zwei Personen Abbuchungen zeigten.
Ich bin auch untröstlich darüber, dass ich dir gelegentlich Vorwürfe gemacht habe, wenn ich deine Unordnung beanstandete. Das gehörte eben zu dir, wie auch deine Weigerung.irgend einen Handschlag zu Hause zu tun. Jetzt erst habe ich begriffen, dass du dich in meine Ressorts nicht einmischen wolltest.
Wie sehr fehlt mir auch heute die permanente Beschallung durch Fernseher und Musikanlage, du hast immer alles gleich in Gang gesetzt, wenn du das Haus betratest,
du wolltest mich in meiner Arbeitsüberlastung und ständigen Erschöpfung eben nicht mehr mit Gesprächen belästigen. Es tut mir auch Leid, dass ich damals nicht sofort verstanden habe, warum du mir nie Geschenke machtest; heute weiß ich, dass du mich nicht mit äußerlichen und materiellen Werten kaufen wolltest. Uns verband doch schließlich die Einmaligkeit einer Seelenverwandtschaft, was bedeuteten da schon lächerliche Liebesgaben.
Als ich dir neulich noch vor Gericht das falsche Alibi gegeben habe wusste ich, dass nur ich es war, der du die Wahrheit über den Mord gesagt hast und damit hast du mir die größte Ehre angetan. Wenn die Sache rauskommen sollte, gehe ich voller Liebe für dich in den Knast, weil ich dir doch damit noch ein Stück Lebensqualität schenken konnte.

Mein geliebter Hasenhans, du lässt mich zurück in einem Vakuum,- wie hat mich dein Lachen über mich immer angesteckt, wie süß warst du immer, wenn du vor Trunkenheit lallend und seibernd über mich hergefallen bist, während ich schon geschlafen hatte! Du konntest mir auch dann noch die Welt erklären. Wie schade, dass ich dich nicht mehr fragen kann, wie ich dazu kam, als du dich vorgestern im Whirlpool entspanntest, den Fön fallen zu lassen.


08.10.08



 
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