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Wenn die Stimmung
auf dem Nullpunkt ist . .

Lachen Sie doch mal!


 
Ins Schwarze getroffen von Claus Günther


Farben sind out. Ich sehe schwarz. Auch ohne Fernseher. In die Glotze kucke ich überhaupt nicht! Früher hatte ich ein Schwarzweißgerät, aber seitdem das Ding kaputt ist, habe ich mich als Zuschauer ausgeklinkt. War gar nicht so einfach. "Farbe ist out!", habe ich der G-E-Z geschrieben, dem Gaga-Einsackungs-Zentrum, "ich sehe schwarz!" Was die Blödmänner aber nicht begriffen haben. Ich kriegte Mahnungen über Mahnungen. Zum Schluss wollte ein Gerichtsvollzieher meinen Fernseher pfänden. "Da sehe ich schwarz, bester Mann", hab ich ihm gesagt, und was antwortet der? "Deswegen bin ich ja hier!"
Ich nehme das Schwarzsehen persönlich. "Die Rende ist sischä!", um Herrn Blüm nicht zu widersprechen. Seine schon - aber was ist mit meiner? Sehnse!
Ich sehe schwarz. Nicht nur, wenn ich die Ränder meiner Fingernägel betrachte - oder meine Füße - nein, auch politisch. Könnte doch sein, dass uns bald die Schwarzen regieren (weiße Schwarze natürlich). Oder? Bestimmt holen sie dann den früheren Postminister wieder ins Kabinett, diesen Herrn Schwarz-Schilling. Ohne Schilling, versteht sich. Schwarz genügt. (Schilling ist doch so was von out! Da wäre ja Schwarz-Euro noch besser.) Bestimmt trägt er dann schwarz, der Herr Schwarz. Vielleicht wird er Minister für Schwarzarbeit?
Schwarz ist modisch. Schwarz ist einfach in. Junge Leute tragen es. Künstler. Trauernde. Neuerdings sogar unsere Polizisten! Die sichern den Staat. Staats-Sicherheit in schwarzer Uniform. SS - Pardon - es kann doch kein Zufall sein! Himmel noch mal! Apropos Himmel. Pechschwarz in der Nacht! Wann haben Sie den zuletzt sternenklar gesehen? Kürzlich, als ich nachts aus dem Fenster sah, da war sogar der Mond verschwunden - einfach weg!
Scherz beiseite. Ich bin für ja oder nein, schwarz oder weiß. Bunte Farben sind doch so was von übertrieben. Stellen Sie sich mal vor, Marilyn Monroes weißes Kleid überm U-Bahn-Schacht wäre ein karierter Schottenrock gewesen. Völlig ungeil! Schwarz wär' vielleicht noch gegangen. Das "kleine Schwarze"? Ja, warum denn nicht? Weit geschnitten natürlich. Die stand ja sowieso schon auf der schwarzen Liste, die Marilyn. Schwarzer Mann - schwarzer Tod. Wobei der gefürchtete "schwarze Mann" sicherlich ein Weißer war. Ist ja übrigens auch ein Witz, die Schwarzen "Farbige" zu nennen. Schwarzafrikaner! Gell, das kann man gelten lassen.
Ich hatte mal einen Freund, der hat ein Bild gemalt - nur schwarz! Nichts zu erkennen! Das hat er auf einer Ausstellung für 5.000 Piepen verkauft! "Wieso denn das?", frag ich. "Erstens, weil es Kunst ist", sagt er, "und zweitens wegen des Titels! Schwarze arbeiten im Dunkeln."
Na bitte - geht doch! Da muss man erst mal drauf kommen! Aber sonst... Sonst sehe ich schwarz, wie gesagt. Wälze schwarze Gedanken. Hab eine schwarze Seele, behaupten manche. (Schwarz - ? Wer weiß?) Ich war schon immer das schwarze Schaf in der Familie. Bin damals schwarz über die Grenze gekommen. Von drieben. Mit Druckerschwärze im Gesicht, zur Tarnung. Ich hab' ja mal die schwarze Kunst erlernt. Als Setzer. Da musste ich den ganzen Tag stehen. Einmal wurde mir schwarz vor Augen. Da bin ich umgefallen. Das war mein schwarzer Freitag. Ich hab mich schwarz geärgert. Die Kollegen wollten mir den Schwarzen Peter zuspielen, von wegen selber schuld und so. Die haben einem nicht das Schwarze unter dem Nagel gegönnt. Aber als mich dann obendrein einer angeschwärzt hat, weil ich angeblich alles in den schwärzesten Farben malen würde, da hab' ich den Mann verkloppt - ich hab' ja den schwarzen Gürtel - und denn hab' ich weggemacht, nachm Westen, schwarz iebr die griene Grense.
Bin dann hier ins Drogengeschäft eingestiegen. Schwarzer Afghane und so.
Aber auch Zigaretten. Schwarz natürlich. Hab' schwarze Zahlen geschrieben - mit Schwarzgeld, und wie. Bis die Bullen mein Gesicht am schwarzen Brett ausgehängt haben.
Mich schnappen? Hach! Da können die warten, bis sie schwarz sind! Ich bin untergetaucht, wohne jetzt in einem schwarz getünchten Kellerloch, esse Schwarzbrot mit schwarzem Pfeffer, trinke schwarzen Kaffee und freue mich über mein Haustier. Nein, kein schwarzer Pudel, der wäre ja viel zu groß! Eine Schwarze Witwe, diese giftige Spinnenart, wissen Sie? Meine ist handzahm. Durch Meditation oder wie das heißt... Wie bitte? Schwarze Magie, genau.
Im Übrigen werde ich hier nicht ewig bleiben. Wer lebt denn schon ewig? Niemand! Sie und ich sowieso nicht. In naher Zukunft wird eines von den schwarzen Löchern aktiv werden, ich schwör's Ihnen. Glauben Sie nicht? Sie denken, ich würde scherzen oder hätte schwarzen Humor - ? Aber Sie wissen doch: Die schwarzen Löcher verschlingen alles, das können Sie schwarz auf weiß nachlesen, und wenn ich sage ALLES, dann meine ich auch ALLES! Haben Sie gestern mal kurz nach draußen gesehen, zufällig, in die rabenschwarze Nacht?? Ich sage Ihnen - sage Ihnen - wo ist eigentlich meine Schwarze Witwe?
"Auuuuuuuuuuuuuuu!"


     
   

Mein geheimnisvolles Wesen von Claus Günther

Darf ich ganz offen sein? Ich stecke voller Geheimnisse, ehrlich gesagt. Nicht wenige fürchten sogar, ich sei ein geheimnisvoller Mensch, und sie meiden meine Nähe. Nun, das lasse ich mal so stehen. Solchen Ruf muss man sich ja erst einmal erwerben! Die Frage ist vielmehr: Wie hat das alles angefangen? Ja, vielleicht in einem Bett, vielleicht auf einer Parkbank, was weiß denn ich? Jedenfalls verdanke ich meine Existenz einer ungeplanten Schwangerschaft; meine Mutter soll von mir sehr überrascht gewesen sein. Sie sprach fortan vom Geheimnis des Lebens - was mich naturgemäß belastet hat. Folglich habe ich, nachdem sie mich geboren hatte, sogar geschrieen, aber nicht heimlich, sondern unheimlich! Ist es da ein Wunder, wenn ich heute als geheimnisumwittert gelte? Es gibt Tage, da sitze ich einfach so da, sitze da, und mich umgibt weiter nichts als ein geheimnisvolles Schweigen... Einige halten das für unerträglich, ja, mancher beginnt vielleicht zu lachen... oder zu pfeifen, nach längerer Zeit... Aber was soll ich denn sagen, der ich hier nichtssagend sitze?
Einfach nichts? Nichts! Dabei war ich früher für alles offen; noch als Heranwachsender galt ich als offenherzig. Das änderte sich freilich schlagartig mit dem Beginn meiner Lehrzeit. Was ich gelernt habe? Ich spreche eigentlich
ungern darüber in der Öffentlichkeit.
Ich bin [leise:] Geheimniskrämer... [lauter:] Ge-heim-nis-krä-mer! Und zwar ein sehr erfolgreicher. Ja, ich habe es, nach anfänglichen Schwierigkeiten, in meinem Beruf zur Meisterschaft gebracht. Meine Spezialität ist das Verschleiern und Verschweigen von dunklen Geschäftsgeheimnissen. Meinen Lehrbetrieb hat allerdings längst die Deutsche Bank geschluckt, und die gibt sich bekanntlich nicht mit Krämern ab, die womöglich noch mit Peanuts handeln, nicht wahr?
Ich habe mich daher alsbald beim Arbeitsamt als arbeitsloser Geheimnisträger gemeldet, aber das schien für die ein Fremdwort zu sein (was mich ziemlich verwunderte). "Links- oder Rechtsträger?", wurde ich gefragt. Da suchte ich dann lieber das Weite - und fand es auch. Ich ging... wohin? Richtig: zum Geheimdienst. Zeigte meine Zeugnisse - Spezialität: Furchtloses Hinabblicken in einen Abgrund von Landesverrat - und wurde von einem verschreckten Ermittler mit offenen Armen empfangen. Die hätten mich da mit Kusshand genommen! Aber um welchen Preis? Ich sollte den Bereich `Ehrenwort für Spendengelder´ übernehmen. Ich bitte Sie! Also für solch einen Pipifax bin ich dann ja wohl doch reichlich überqualifiziert.
Nein nein, nicht mit mir! Ich bin sofort abgetaucht, und als meine Frau mich fragte: "Was ist mit dir? Du verschweigst mir doch etwas!",bin ich auch noch untergetaucht. Seither lebe ich inkognito. Wovon? Das zu erraten, meine Damen und Herrn, überlasse ich Ihrem Scharfsinn. Im Übrigen gilt: Wir haben uns nie gesehen! Ich bin und bleibe ein geheimnisvolles Wesen. Ich kenne Sie nicht, Sie kennen mich nicht! Also seien Sie bitte äußerst zurückhaltend, mir gegenüber, denn glauben Sie mir: manchmal - manchmal kenne ich mich selbst nicht mehr. Und dann vergesse ich mich.

 

   
"Mine und Stine" von Claus Günther

Jeder kennt das: Man sitzt in der Bahn, im Bus, im Restaurant oder sonst wo in der Nachbarschaft anderer, zumeist wildfremder Leute - und wird unfreiwillig Ohrenzeuge von dem, was die sich erzählen.
So war es auch bei dem folgenden Dialog im Restaurant "Büsumer Hof" in Büsum an der Nordseeküste, erlebt im September 1988. Inhalt und Sprechweise sind authentisch, nur die Namen der beiden Damen sind erfunden.

Mine Becker is ja mal hier gewesen. - Doch.
Stine Becker? Boris Becker? Hier in Büsum?
Mine Nee, nich direkt... In Wesselburen, glaub ich. Oder Neunkirchen. Jedenfalls bei Bekannte. Da hat er sogar noch 'n Vogel gerettet, der Becker. Der wär' den Leuten sonst wechgeflogen. Es is furchbar, hat er gesacht, wenn man überall erkannt wird. Richtich Stress.
Stine Das glaub ich. Hat aber auch sein Trainer mit Schuld. Kilian, oder wie der heißt. Dieser Tscheche. Weil der so hart is.

Anmerkung: Gemeint ist nicht der Trainer, sondern der damalige Manager von Boris Becker, und der heißt nicht Kilian, sondern Tiriac, und er ist auch kein Tscheche, sondern Rumäne. Aber alles andere stimmt...

Mine Bestimmt. Jungs werden sowieso später reif als Mädchen.
Stine Siehst ja an Stefan.
Mine Aber der nimmt keine Rücksicht auf den Becker. Der Trainer. Nur Geld, Geld, Geld.
Stine Siehst ja an Stefan. Und der is schon einunzwanzich. Denk ja nich, dass du die zwölftausend Mark wiederkriss von dem. Von dem nich, sach ich dir. Kein' Fennich (Pfennig). Nich soo viel. Auch wenn er da mit Blumen angekommen is bei dir.
Mine Stefan? Bei mir? Mit Blumen? Weiß ich nix von.
Stine Soo'n Strauß, sag ich dir. Riiie-sig.
Mine Weiß ich nix von.
Stine Hat mindestens bei hundert Em (Mark) gekostet, der Strauß, wie er da bei dir mit vore Tür stand.
Mine Stefan? Und denn hat er nich geklingelt?
Stine 'türlich hat er das. Aber wenn keiner aufmacht - ?
Mine Wo war ich denn da?
Stine Du? Du bis nich da gewesen bist du. Was denn sonst.
Mine Eben. Sonst hätt' ich ja aufgemacht. Aber manchmal is er auch schon spät gekommen. Nach der Tagesschau. Ich sag nee, sag ich, Stefan, ich bin al zu Bett. Und denn sagt er: Jetz' schon? Ich sach ja, sach ich, jetz' schon. Komm man morgen wieder. - Nachher komm ich noch ins Gerede...
Stine Jedenfalls: die zwölftausend, die siehst nich wieder.
Mine Was er wohl mit den Blumen gemacht hat - ?
Stine Ich mein', da muss er ja auch Zinsen für zahlen, eingtlich.
Mine Die schönen Blumen. Und denn so teuer...
Stine Hast ihm doch geliehn, das Geld, nich? Oder? Oder geschenkt?
Mine Geschenkt? Ich? Zwölftausend? Von wegen. Hast du die? Ich nich.
Stine Und wenn er nu nich zahlen kann? Muss er ins Gefängnis.
Mine Er is ja jetz' inne Psychatrie.
Stine Der tut bloß so. Dass er nich zahlen muss. Sonst hätt' er ja - hier oben, tüdelüt. Aber das müssen die Ärzte erstma feststellen. Und? Ham sie das?
Mine So viel Geld für'n Blumenstrauß. Wahnsinn! Und ich bin nich da. Wo war ich denn bloß?
Stine Den musstu verklagen musstu den. Aber der hat ja nix! Und die zwölftausend, die sind längst - juppheidi.
Mine Er wollte das für'n Grundstück haben.
Stine Und? Glaubstu das?
Mine Hat er gesagt. Frau Behrens hat das auch gehört. Du, die kommt da neulich an -
Stine Ich würd' ihn verklagen.
Mine - du kennst doch Frau Behrens, nich? Und denn geht sie bei mir auf Toledde, und denn sacht sie hinternach: Hören Sie das ganich? Ich sach: Ich?, sach ich, ich hör alles, alles hör ich. Sehr gut sogar. Nee, sacht sie, wenn man aufzieht bei Ihnen, denn macht das so - iiiik!, hinterher. Müssen Sie doch hören! Iiiik macht das. Ich sach: So?, sach ich. Das weiß ich nich. Ich zieh immer bloß auf und fertich. Ich hör da ganich nach hin. Ich hör immer Welle Nord.

Nachsatz. Die Ohrenzeugen - meine Frau und ich - waren, von Lachkrämpfen geschüttelt, weder im Stande, dem laut geführten Dialog weiter zu folgen, noch die Reste unseres Schollengerichts zu vertilgen: Es drohte Erstickungsgefahr.

     
     
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